Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich
Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich
Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung stehen auf einem Platz und unterhalten sich

Verstetigung in Rostock

Stadt finanziert hauptamtliche Stellen weiter

Kommune Inklusiv Rostock  ist im Anschluss an die Aktion Mensch-Förderung direkt weitergegangen: Die Stadtverwaltung gibt seit Anfang 2024 Geld für insgesamt eineinhalb hauptamtliche Koordinationsstellen. Genehmigt wurde die Finanzierung Ende 2023 für zunächst zwei Jahre. Der bisherige Träger, der Caritasverband Erzbistum Hamburg, Region Rostock, setzt die Initiative unter dem Namen Kommune Inklusiv weiterhin um. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung erweitert die Caritas das Rostocker Netzwerk für Inklusion, führt Projekte weiter und entwickelt mit Netzwerkpartner*innen neue Maßnahmen.

Drei Mitarbeiter*innen als Ansprechpartner*innen im Inklusionsbüro

Seit Januar 2024 arbeiten der bisherige Koordinator Erik Ortlieb und die Projektmitarbeiterin Judith Stolle nahtlos weiter. Im März 2024 kam die Kollegin Jacqueline Köhler dazu. Die drei Inklusions-Expert*innen teilen sich die eineinhalb Stellen.

Auch der Anlaufpunkt für Inklusions-Anliegen ist gleich geblieben: Das Kommune Inklusiv-Team arbeitet weiterhin vom Inklusions-Büro in Rostock Mitte aus. Bereits während der Modellinitiative nutzten Kommune Inklusiv-Netzwerkpartner*innen, weitere Inklusions-Akteur*innen und Bürger*innen den barrierefreien Raum zum Austausch, für Besprechungen und Veranstaltungen oder kamen mit Fragen, Anliegen und Ideen vorbei.

Diesen Begegnungsort baut das Kommune Inklusiv-Team weiter aus. Unter anderem bietet das Team seit dem Frühjahr 2025 ein Erzähl-Café an . „Im Stadtteil Rostock Mitte gibt es bisher kein Stadtteil- oder Begegnungszentrum“, sagt Kommune Inklusiv-Koordinator Erik Ortlieb. „Deshalb wollen wir einen Ort schaffen, an dem wir mit den Menschen ins Gespräch kommen. Und an dem sie miteinander ins Gespräch kommen.“ Das Kommune Inklusiv-Team will auf diese Weise mehr über die Wünsche, Ideen und Bedürfnisse der Menschen erfahren und Impulse für die Inklusions-Arbeit bekommen. „Außerdem wollen wir den Leuten zeigen: Inklusion und Teilhabe beginnen damit, dass wir miteinander sprechen. Dann ist schon viel erreicht.“

Eine Frau und ein Mann haben ein Headset auf dem Kopf und nehmen an einer Video-Konferenz am Laptop teil.
Die frühere Netzwerkkoordinatorin Anja Schulz und Koordinator Erik Ortlieb

Geld vom Senator für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

Das Geld für die Kommune Inklusiv-Stellen kommt aus dem Haushalt des Senators für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Steffen Bockhahn. Der Senator war Schirmherr der Modellinitiative. Die Stellen werden aus dem gleichen Haushaltstopf bezahlt, aus dem auch soziale Beratungsstellen finanziert werden. Über das Geld für Kommune Inklusiv Rostock konnte die Verwaltung deshalb direkt entscheiden. 

Die Caritas als Trägerin von Kommune Inklusiv muss nun der Stadtverwaltung jährlich einen Rechenschaftsbericht vorlegen. Außerdem muss sie jedes Jahr einen Antrag stellen für das Geld aus dem Fördertopf für Beratungsstellen. Die Stadt prüft dann, ob sie die Kosten für die Kommune Inklusiv-Stellen nach den Förderbedingungen anerkennt oder nicht. 

Zurzeit arbeitet das Kommune Inklusiv-Team daran, dass die Stadt die Förderung von Kommune Inklusiv auch in den Doppelhaushalt 2026/27 aufnimmt. Die Verantwortlichen sprechen mit Vertreter*innen aus Politik und Verwaltung. Senator Steffen Bockhahn habe bereits signalisiert, dass er das Inklusionsvorhaben weiter unterstütze, erzählt Kommune Inklusiv-Koordinator Erik Ortlieb. 

Der Weg zur Verstetigung: Kontakte in die Verwaltung fortlaufend gepflegt

Schon während der Zeit der Modellinitiative pflegte das Kommune Inklusiv-Team fortlaufend Kontakte in die Verwaltung. Unter anderem unterstützte die Leitung des Amtes für Soziales und Teilhabe die Modellinitiative und warb auf Veranstaltungen dafür. Das Amt gehört zum Senatsbereich für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule. Amtsleiterin Anika Leese sieht in Kommune Inklusiv einen großen Mehrwert für die Stadt: Die Initiative habe es geschafft, Ansprechpartnerin für alle zu sein.

Im Herbst 2022 wählte Rostock eine neue Oberbürgermeisterin. Das damalige Kommune Inklusiv-Koordinationsteam bat Eva-Maria Kröger direkt um ein Gespräch, redete auf Veranstaltungen mit ihr, holte sie als Gast in ihren Inklusions-Podcast . Auf diese Weise war die Modellinitiative bei der Oberbürgermeisterin präsent. Als es 2023 darum ging, wie es mit Kommune Inklusiv weitergeht, unterstützte sie das Vorhaben, Geld aus dem Haushalt dafür zur Verfügung zu stellen. Sozialsenator Bockhahn und der Caritas-Regionalleiter in Rostock Andreas Meindl führten daraufhin mehrere Gespräche und einigten sich auf die Finanzierung.

Projekte für die Zielgruppen laufen weiter

Eine Aufgabe des Kommune Inklusiv-Teams ist es, Maßnahmen weiter zu begleiten, die während der Modellinitiative starteten. So läuft das Projekt Übergangsmanagement weiter. Es richtet sich an Menschen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten und in Rente gehen. Trägerin des Projekts ist die Kommune Inklusiv-Netzwerkpartnerin Neue ohne Barrieren gGmbH . Sie bietet Maßnahmen zur Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens für Menschen mit Behinderung an.

Unterstützung für Rentner*innen aus Werkstätten

Das Team vom Übergangsmanagement unterstützt Beschäftigte aus der Werkstatt beim Übergang vom Job in die Rente und bereitet sie auf das Leben nach der Arbeit vor. Beispielsweise indem das Projektteam gemeinsam mit ihnen Freizeitangebote in ihrem Viertel recherchiert, mit ihnen spazieren, ins Kino oder in den Zoo geht und sie bei Behördengängen unterstützt. Menschen aus den Werkstätten können sich jederzeit an das Team wenden, auch die, die bereits in Rente sind. Die Erfahrung des Projektteams: Es ist eine große Herausforderung, an die Menschen mit Behinderung in den Werkstätten heranzukommen. Möglich wurde der Zugang unter anderem über die Werkstatträte, die Vertretungen der Mitarbeiter*innen mit Behinderung.

Drei Menschen sitzen in einem Straßencafe, zwei davon sitzen in einem Elekro-Rollstuhl.
Guido Dobbert sitzt in einem E-Rolli am Strand, hinter ihm ist das Meer zu sehen.

„Ich habe als Pförtner bei einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gearbeitet. Seit 2011 bin ich in Rente. Ich bin zur Rentenstelle gefahren und die haben mir ausgerechnet: Sie sind durch, Sie können in Rente gehen. Ich lebe bei meiner Mutter, mein Vater ist verstorben. In einer Broschüre habe ich gelesen, dass Axel Becker der richtige Ansprechpartner ist, wenn man mal spazieren gehen will, sich mal aussprechen will oder um mit zu einer Behörde zu gehen. Das fand ich gut. Ich wollte mich für den Notfall um einen Pflegeplatz im Heim für mich kümmern. Also habe ich ihn angerufen, damit er mir ein bisschen mit der Materie hilft. Es hat ganz schön geholfen, dass jemand mitkommt zum Gespräch im Heim. Jemand, der sich auskennt mit der Materie und mit Anträgen für Menschen mit Behinderung. Denn wenn man allein hingeht, dann lässt man sich besabbeln und kommt nicht so schnell mit. Die Leute reden im Fachjargon, dann ist man überfordert und dann hat man etwas abgesegnet, das man gar nicht verstanden hat. Ich würde allen empfehlen, sich diese Hilfe zu holen.“

Guido Dobbert, 52 Jahre

„Ich bin seit einem Jahr in Rente. Mir geht es damit gut. Das Unterstützungs-Angebot finde ich gut. Wir gehen manchmal spazieren. Wir waren auch im Kino. Es war ein lustiger Film, er hat mir gefallen. Ich gehe jetzt immer am Donnerstag kegeln. Ich lebe allein. Ich würde das Angebot vermissen, wenn es das nicht mehr geben würde. Denn jetzt kann ich jederzeit anrufen, wenn ich nicht richtig Bescheid weiß.“

Dietmar Möwius, 65 Jahre

Voraussetzung für alle Projekte: Partizipation

Hilfreich für den Zugang ist auch, dass sich für das Übergangsmanagements-Projekt ein Beirat gegründet hat: unter anderem mit Vertreter*innen von Kommune Inklusiv, aus der Stadtverwaltung und aus den Werkstatträten. Der Beirat ist somit eine Möglichkeit der Partizipation. Für das Kommune Inklusiv-Team ist Partizipation der Zielgruppen Voraussetzung für alle laufenden und künftigen Projekte.

Ein Weg zu mehr Partizipation ist auch der Runde Tisch Inklusion, den Kommune Inklusiv Rostock gründet: mit Vertreter*innen von Verbänden, Vereinen und Organisationen aus verschiedenen Lebensbereichen und mit Menschen aus unterschiedlichen Zielgruppen. Der Runde Tisch soll eng mit dem Kommune Inklusiv-Team zusammenarbeiten, Ansprechpartner für neue Projektideen sein und die Idee von Kommune Inklusiv noch weiter in die Stadtgesellschaft tragen.

Zusammenarbeit mit der Verwaltung in verschiedenen Bereichen

Das Kommune Inklusiv-Team arbeitet für Projekte und in Arbeitskreisen oft mit dem Amt für Soziales und Teilhabe zusammen. Das Team gründete beispielsweise einen Arbeitskreis zum Thema „Erster Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung “, in dem unter anderem Vertreter*innen des Amts für Soziales und Teilhabe, der Agentur für Arbeit, Bildungseinrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Unternehmen sitzen. Ziel des Arbeitskreises ist es, Alternativen zur Arbeit in Werkstätten aufzuzeigen und dafür die Menschen enger zu vernetzen, die sich für das Thema engagieren.

Auch mit dem Sportamt, dem Kulturamt und mit dem Fachbereich Ehrenamt, der zum Senatsbereich der Oberbürgermeisterin gehört, arbeitet Kommune Inklusiv Rostock gut zusammen. 

Eine Gruppe von Menschen mit und ohne Behinderung sitzen an einem Tisch und arbeiten gemeinsam,.
Eine Gruppe von Menschen sehen in die Kamera.

Kommune Inklusiv-Team als Vernetzer*innen für Inklusion

Während der Modellinitiative haben die Kommune Inklusiv-Koordinator*innen sich zu Berater*innen und Vernetzer*innen für Inklusion entwickelt, schwerpunktmäßig in den Bereichen Tourismus, Freizeit und Sport. So beraten sie beispielsweise das Tourismus-Unternehmen AIDA zu Barrierefreiheit.

Inklusive Basketball-Teams für Stadt und Landkreis

Gemeinsam mit den zuständigen Ämtern bei der Stadt hat Kommune Inklusiv den Basketballverein Rostock Seawolves unterstützt, die deutschlandweit erste inklusive Basketballmannschaft zu gründen . Unter dem Namen Rostock WeWolves spielen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Basketball.

Mittlerweile gibt es ein zweites inklusives Basketballteam im Landkreis Rostock, unterstützt von Kommune Inklusiv. Und das Beispiel soll weitere Kreise ziehen: Ziel ist, dass auch andere Städte und Kreise in Mecklenburg-Vorpommern Basketballteams für Menschen mit und ohne Behinderung gründen.

Auch im Bereich Kultur ist Kommune Inklusiv Rostock aktiv: Das Team ist Teil des Arbeitskreises für Kultur und Inklusion, gegründet vom Circus Fantasia , einem inklusiven Kulturprojekt.

Stellung beziehen durch Handeln für mehr Vielfalt

Das Team von Kommune Inklusiv sieht seine Rolle weiterhin darin, Ideen von vielen verschiedenen Akteur*innen, Vereinen und sozialen Trägern aus Rostock aufzugreifen, mit umzusetzen und zu unterstützen. Sie wollen Inklusions-Projekte begleiten und beraten, unter anderem bei der Förderung.

„Zurzeit werden immer mehr Stimmen laut, die behaupten, dass Vielfalt die Gesellschaft nicht weiterbringe“, sagt Erik Ortlieb. „Dem müssen wir widersprechen. Unter anderem, indem wir durch unser Tun Stellung beziehen und zeigen: Vielfalt und Miteinander – ob beim Basketballspielen, auf Sportfesten, bei Nachbarschaftstreffs, Jugendcamps und Kulturveranstaltungen – machen Spaß, helfen gegen Einsamkeit und tragen dazu bei, dass Menschen einander besser verstehen und füreinander einstehen.“ 

Menschen mit und ohne Behinderung, einige sitzen im Rollstuhl, einige haben eine Uniform an
Das inklusive Beratungsteam für das Tourismus-Unternehmen AIDA (Foto: AIDA)

Erfolgs-Faktoren in Rostock

Verwaltung an Bord geholt

Der Sozialsenator, die Leiterin des Amts für Soziales und Teilhabe, die neue Oberbürgermeisterin – sie stehen hinter Kommune Inklusiv. Die Koordinator*innen machten Gesprächstermine, luden sie zu Veranstaltungen ein und bezogen sie in ihre Öffentlichkeitsarbeit ein, beispielsweise über Soziale Medien und in Podcasts.

Flexibel reagiert und Maßnahmen angepasst

Gestartet war Kommune Inklusiv Rostock mit Maßnahmen für Jugendliche, Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Menschen mit Behinderung, vor allem im Bereich Bildung. Es stellte sich heraus, dass Maßnahmen auch in anderen Bereichen und mit weiteren Zielgruppen wirksamer wären. Nun hat Kommune Inklusiv in Tourismus, Freizeit und Sport zu inklusiven Strukturen beigetragen.

Expert*innen-Wissen eingebracht

Die Koordinator*innen sind zu Expert*innen und Ansprechpartner*innen für Partizipation, Barrierefreiheit und Inklusion geworden und haben sich auf diese Weise einen Namen bei Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Verbänden gemacht.

Vernetzungs-Arbeit geleistet

Das Kommune Inklusiv-Team nutzt das Engagement vor Ort und bringt die richtigen Partner*innen für neue Projekte zusammen. Es unterstützt auch bestehende Projekte mit eigenen Ressourcen. Dadurch bekommen sowohl Kommune Inklusiv als auch die Projekte und Veranstaltungen zusätzliche Aufmerksamkeit.

Das sagt das Kommune Inklusiv-Team aus Rostock

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